Das Internet ist ein Ort voller Möglichkeiten – doch nicht für alle Menschen sind diese gleichermaßen zugänglich. Menschen mit Behinderungen stehen oft vor großen Hürden in der digitalen Welt. Dabei gibt es zahlreiche Hilfsmittel und Techniken, die ihnen die Nutzung erleichtern können – wenn Webseiten entsprechend gestaltet sind.
Doch was bedeutet digitale Barrierefreiheit genau? Welche besonderen Bedürfnisse haben Menschen mit Einschränkungen? Und wie können Webseiten so optimiert werden, dass wirklich jeder Mensch sie intuitiv nutzen kann? In diesem Beitrag ich die wichtigsten Aspekte, um das Internet für alle zugänglich zu machen.
Blinde Menschen
Blinde Menschen benutzen den Hör- und / oder Tastsinn, um die Webseite zu bedienen. Wichtig dabei ist: Egal ob durch Nutzung der Sprachausgabe oder der Braillezeile, blinde Menschen erhalten die Informationen immer nur in kleinen Einheiten nacheinander. Auch wenn das blitzschnell erfolgen kann, unterscheidet sie sich grundlegend von der visuellen Erfassung einer Seite auf einen Blick.
Hilfsmittel
- Screenreader mit Sprachsynthesizer für akustische Ausgabe
- Screenreader und Brailledisplay für taktile Ausgabe in Brailleschrift
- Spezialtastaturen mit Braillebeschriftung
- Spracheingabe
Bedürfnisse an die Webseite
- Eine klar strukturierte Webseite
- Ausreichend Zeit, um alle Inhalte zu erfassen
- Informationen darüber, wo man sich gerade befindet und was passiert, wenn man auf einen Link bzw. Button klickt
- Alternativtexte für rein visuelle Inhalte wie Bilder, Videos und Infografiken
- Eine Webseite die durchgängig mit der Tastatur bedienbar ist
- Semantisch korrekter HTML-Code
- Überspringmöglichkeiten, damit sie zum Beispiel nicht auf jeder einzelnen Unterseite die komplette Navigation immer wieder durchgehen müssen
- Hilfestellungen bei Eingabeformularen und klare Beschreibungen bei fehlerhaften Eingaben
- Hinweise, wenn sich auf der Webseite etwas verändert (zum Beispiel wenn eine Zeit beim Bestellprozess abläuft)
Sehbehinderte Menschen
Menschen die schlecht sehen brauchen starke Kontraste und leicht erkennbare Formen, um die Inhalte besser wahrnehmen zu können. Alternativ nutzen sie auch akustische Ausgaben.
Hilfsmittel
- Große Lupe direkt vor dem Monitor
- Bildschirmlupen -Software
- Sprachausgabe und Spracheingabe
- Spezialtastaturen mit großer Beschriftung
- Individuelle Designvorlagen, um die Darstellung der Inhalte an ihre spezifischen Sehbedürfnisse anzupassen
- Zoomfunktionen
Bedürfnisse an die Webseite
- Gut lesbare Schriftarten und Schriftgrößen
- Hohe Kontraste
- Klare Struktur und gute Gliederung
- Semantisch korrekter HTML-Code
- Sauberer HTML-Code um mit Software das Layout und die Kontraste selbst vergrößern zu können
- Gewöhnliche Wortabstände damit der Text bei Vergrößerung nicht zerfällt
- Erklärung komplexer Grafiken / Tabellen
- Hinweise, wenn sich auf der Webseite etwas verändert (zum Beispiel wenn eine Zeit beim Bestellprozess abläuft)
Körperbehinderte Menschen
Menschen die die herkömmliche Maus, den Touchscreen und/oder die Standard-Tastatur nicht nutzen können, verwenden daher je nach Fähigkeit alternative Eingabegeräte:
Hilfsmittel
- Zeigegeräte: Tastaturmaus wo man über Tasten die Richtungen vorgibt, spezielle Joysticks, Head- und Eyetracker die die Kopf- oder Augenbewegungen auswerten, Trackball, Brain Computer Interfaces, oä.
- Tastaturen: virtuelle Tastaturen, Einhandtastaturen, übergroße Tastaturen, Minitastaturen die mit einem Griffel bedient werden können, Brain Computer Interfaces, oä.
Bedürfnisse an die Webseite
- Eine klar strukturierte Webseite, um nicht unnötige Wege machen zu müssen
- Überspringmöglichkeiten um schneller an die gewünschten Inhalte zu kommen
- Die gesamte Webseite sollte per Tastatur erreichbar sein.
- Ausreichend Abstände zwischen Buttons und Links
- Ausreichend Zeit, die Bedienung mit alternativen Eingabegeräten, ist in einigen Fällen deutlich langsamer
Menschen mit kognitiven bzw. neurologischen Einschränkungen
Menschen mit Einschränkungen in der Verarbeitung von Informationen, der Konzentration oder dem Erinnerungsvermögen – wie etwa bei Lernschwierigkeiten, Demenz, Autismus oder Aufmerksamkeitsstörungen nutzen Hilfsmittel, um Inhalte leichter verstehen und nutzen zu können.
Hilfsmittel
- Bildschirmleseprogramme, die Texte vorlesen oder markieren
- Tools, die Informationen in vereinfachter Sprache anzeigen
- Einstellungen für reduzierte Animationen oder Bewegungen, um Ablenkungen zu minimieren
- Werkzeuge zur Konzentrationsförderung, wie Fokushilfen oder Timer.
Bedürfnisse an die Webseite
- Klare und einfache Sprache, Erklärung komplexer Grafiken, Tabellen, Inhalte
- Klare Struktur und Navigation
- Möglichst wenig Ablenkungen
- Ergänzung der Texte durch visuelle Elemente wie Symbole oder Icons
- Ausreichend Zeit, um alle Inhalte zu erfassen
- Selbsterklärende Formulare oder Buttons
Hörbehinderte Menschen
Obwohl Menschen, die mit einer Hörbehinderung geboren wurden, meistens mit Standardbildschirmen und Standardeingabegeräten arbeiten, dürfen wir nicht davon ausgehen, dass sie geschriebene Texte uneingeschränkt verstehen können.
Sprache wird vor allem über das Gehör gelernt. Die Muttersprache von gehörlosen Menschen ist daher keine gesprochene Sprache, sondern die Gebärdensprache. Texte in Schriftsprache sind für sie oft eine Zweitsprache und schwierig zu verstehen, Untertitel oder einfache Texte sind für manche gehörlose Menschen nicht ausreichend.
Eine gesprochen Sprache wie Deutsch, die in Schrift übertragen wird, ist wie eine Fremdsprache. Oder stell dir vor, du lernst eine Sprache mit unbekannten Zeichen, wie Griechisch oder Japanisch, ohne irgendetwas etwas zu hören.